Lochmüller & Kollegen
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Endet der Kindesunterhalt mit Volljährigkeit?

Grundlage für die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt ist das Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Kind und seinen Eltern und nicht das Alter des Kindes.

Auch ein volljähriges Kind kann demnach einen Unterhaltsanspruch gegenüber seinen Eltern haben.

Mit Beginn des Monats, in welchem das Kind 18 Jahre alt wird, beginnt der Volljährigenunterhalt. Dieser bemisst sich nach anderen Grundsätzen, als Unterhalt für ein minderjähriges Kind.

Bei minderjährigen Kindern wird zwischen Natural- und Barunterhalt der Elternteile unterschieden. Bei volljährigen Kindern entfällt diese Aufteilung.

Beide Elternteile werden barunterhaltspflichtig, auch der Elternteil, bei welchem das volljährige Kind lebt. Die Elternteile haften gemeinsam für den Bedarf des volljährigen Kindes.

Bei der Bedarfsermittlung eines volljährigen Kindes unterscheidet man zwischen drei verschiedenen Varianten:

- Das volljährige Kind besucht eine allgemeinbildende Schule (Schulen, die nicht mit einem Berufsabschluss
  enden) und lebt zu Hause bei einem Elternteil.

- Das volljährige Kind geht einer Berufsausbildung nach oder studiert und lebt bei einem Elternteil.

- Das volljährige Kind geht einer Berufsausbildung nach oder studiert und hat einen eigenen Hausstand
  begründet.

Lebt das Kind bei einem Elternteil, bestimmt sich der Bedarf des Kindes auch weiterhin nach der Düsseldorfer Tabelle, wie auch schon während der Minderjährigkeit. Die Eingruppierung in die Düsseldorfer Tabelle bestimmt sich nach dem zusammenaddierten Einkommen beider Elternteile.

In welcher Höhe der jeweilige Elternteil sodann für den Bedarf des Kindes haftet, bestimmt sich nach dem Verhältnis der beiden Elterneinkommen.

Ein volljähriges Kind hat sich im Gegensatz zum minderjährigen Kind auf diesen offenen Bedarf dann aber nicht nur das halbe Kindergeld, sondern das volle Kindergeld (ab 01.01.2021 für ein 1. Kind 219 €) anrechnen zu lassen. Darüber hinaus ist bei einem volljährigen Kind, das sich in Ausbildung befindet, dessen volles monatliches Ausbildungsentgelt (abzüglich 100 € ausbildungsbedingten Mehrbedarf) anzurechnen.

Hat das volljährige Kind einen eigenen Hausstand begründet, bestimmt sich der Bedarf nicht mehr nach der Düsseldorfer Tabelle. Hier wird entsprechend der Süddeutschen Leitlinien ein konkreter Bedarf angenommen. Dieser wird derzeit mit monatlich 860 € beziffert. Dieser Bedarf ist wieder von beiden Elternteilen zu decken.

Sofern ein studierendes Kind während des Studiums einer Nebentätigkeit nachgeht, stellt sich die Frage, ob auch dieses Einkommen auf den Bedarf des Kindes anzurechnen ist.

Hier wird auf den Einzelfall abgestellt. Es gestaltet sich nach gängiger Rechtsprechung so, dass zusätzliches Einkommen bei einem studierenden Kind als überobligatorische Tätigkeit angesehen wird und nicht bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen ist.

Wichtig ist allerdings für die unterhaltspflichtigen Elternteile, dass ein volljähriges Kind grundsätzlich verpflichtet ist, Bafög-Leistungen in Anspruch zu nehmen. Bafög-Leistungen sind vorrangig zur Unterhaltsverpflichtung. Das volljährige Kind hat sich Bafög-Leistungen entsprechend auf den offenen Bedarf anrechnen zu lassen.

Sofern bei der Unterhaltsermittlung das volljährige Kind in Konkurrenz zu minderjährigen Kindern steht, gibt es zwischen den drei vorbenannten Konstellationen einen wesentlichen Unterschied:

Alle volljährigen Kinder, die keine allgemeinbildende Schule besuchen, stehen grundsätzlich im Nachrang zu minderjährigen Kindern.

Ein volljähriges Kind -das zwischen 18 und 21 Jahre alt ist- zu Hause lebt und eine allgemeinbildende Schule besucht, gilt als privilegiertes Kind. In diesem Fall ist das Kind mit den minderjährigen Kindern gleichgestellt.

Die Ermittlung von Volljährigenunterhalt ist eine umfangreiche Materie, die auch der Einzelfallbetrachtung unterliegt.

Wichtig ist, dass das Kind mit Eintritt der Volljährigkeit seinen Unterhaltsanspruch gegenüber beiden Elternteilen selbst verfolgen muss.

Mit Eintritt der Volljährigkeit ist es zu empfehlen, anwaltlichen Rat einzuholen, um die Unterhaltssituation neu bewerten zu können.