- Mögliche Unterhaltspflichten wegen Kinderbetreuung sind vorrangig zu berücksichtigen -
Während Kinder zuerst von ihren Eltern versorgt werden, ist das in späteren Jahrzehnten oft umgekehrt. Als Verwandte in gerader Linie sind sich Eltern und Kinder wechselseitig ein Leben lang zum Unterhalt verpflichtet, § 1601 BGB. Wenn die Eltern alt und pflegebedürftig werden, reicht deren Rente oder Vermögen häufig zur Deckung der anfallenden Kosten, z. B. für ein Pflegeheim, nicht aus.
Selbst wenn der gesetzliche Sozialhilfeträger zunächst einspringt, versucht dieser, sich das Geld von den unterhaltspflichtigen Kindern wieder zu holen.
Dabei darf allerdings deren eigener angemessener Lebensunterhalt nicht gefährdet werden. Ist das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, so kann es den sogenannten Familienselbstbehalt geltend machen, der aktuell bei 3.240,00 € monatlich liegt.
Einem Unverheirateten steht dagegen nur ein Mindestselbstbehalt von 1.800,00 € monatlich zu, gegebenenfalls zuzüglich der Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden bereinigten Einkommens.
In einem aktuellen Fall hatte der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 09.03.2016, XII ZB 693/14) nun darüber zu befinden, ob sich ein Elternunterhaltspflichtiger auf den höheren Familienselbstbehalt berufen kann, wenn er mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen minderjährigen Kind in eheähnlicher Lebensgemeinschaft zusammenlebt.
Der BGH ist zwar der Meinung, dass der Familienselbstbehalt nach wie vor Verheirateten vorbehalten bleibt und insofern eine Gleichstellung unverheirateter Paare mit Eheleuten ausscheidet.
Dies rechtfertige sich daraus, dass Eheleute mit der Ehe die verschiedensten gegenseitigen Verpflichtungen eingehen und untereinander Familienunterhalt schulden.
Allerdings kann sich nach Ansicht des BGH der ledige Unterhaltsschuldner darauf berufen, dass er außer gegenüber dem eigenen Nachwuchs auch gegenüber der betreuenden Kindesmutter im Verhältnis zum unterhaltsberechtigen Elternteil vorrangig unterhaltspflichtig ist.
Dem betreuenden Elternteil steht dabei nach der gesetzlichen Regelung, § 1615 l Abs. 2 BGB, ein Unterhaltsanspruch über die Zeit ab Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes hinaus zu, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dafür kommen nicht nur kindbezogene, sondern auch elternbezogene Verlängerungsgründe in Betracht. In einer intakten nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann ein elternbezogener Grund insbesondere darin liegen, dass ein Elternteil weiterhin im Einvernehmen mit dem anderen Elternteil das gemeinsame Kind persönlich betreut und deshalb ganz oder teilweise an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Eine solche gelebte Rollenverteilung ist dem Unterhaltspflichtigen zu Lasten seiner unterhaltsberechtigen Eltern nur dann verwehrt, wenn sie rechtsmissbräuchlich ist.
Wendet der zum Elternunterhalt Verpflichtete ein, dass er wegen des zusätzlich vorrangig geschuldeten Betreuungsunterhalts zur Zahlung von Elternunterhalt nicht oder nur eingeschränkt leistungsfähig ist, ist er für das Vorliegen der Voraussetzungen des Anspruchs auf Betreuungsunterhalts darlegungs- und beweispflichtig. Es empfiehlt sich deshalb, die Beratung eines Fachanwalts für Familienrecht in Anspruch zu nehmen.