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Wann müssen Ausbildungskosten zurückgezahlt werden?

Oft sind sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber einig, dass der Arbeitnehmer eine Aus-, Fort- oder Weiterbildung absolvieren soll und der Arbeitgeber die Kosten hierfür voll bzw. teilweise übernimmt. Regelmäßig kommt es später zum Streit über die Rückzahlung von der Ausbildungskosten, sofern der Arbeitnehmer zeitnah nach Abschluss der Maßnahme aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

Soweit es sich um ein Berufsausbildungsverhältnis oder gleichgestellte Ausbildungsgänge handelt, ist eine Rückforderung gemäß § 12 Abs. 2, § 26 BBiG generell ausgeschlossen. Im Übrigen bedarf es grundsätzlich einiger Voraussetzungen für eine Rückforderung:

Erste Voraussetzung ist eine wirksame Rückzahlungsklausel, welche sich aus einem Tarifvertrag, einem Einzelarbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder einer ausdrücklich geschlossenen Vereinbarung ergeben kann. Darüber hinaus muss die Bildungsmaßnahme generell von beruflichem Nutzen sein und dem Arbeitnehmer somit ein verwertbarer (geldwerter) Vorteil zufließen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist dies z.B. nicht der Fall bei der Abwälzung der Kosten für das sogenannte TÜV-Schweißer-Zeugnis, ferner auch nicht bei Lehrgängen und Seminaren, die dem Erhalt einer Fahrerlaubnis (Lkw oder Bus) dienen.

Nachdem Rückforderungsklauseln im Arbeitsvertrag oder in einer Einzelvereinbarung in der Regel allgemeine Geschäftsbedingungen darstellen, ist zu prüfen, ob die Bindungsdauer (d. h. wie lange der Arbeitnehmer nach Beendigung der Ausbildung im Betrieb verbleiben muss, um keine Rückzahlung vornehmen zu müssen) nicht zu lange angesetzt wurde. Das BAG hat hierfür folgende Faustformel entwickelt: Fortbildung bis zu 1 Monat, Bindungsdauer bis zu 6 Monaten; Fortbildung von bis zu 2 Monaten, Bindungsdauer bis zu 12 Monate; Fortbildung von 3 – 4 Monaten, Bindungsdauer bis 24 Monate; Fortbildung von 6 Monaten bis 1 Jahr, Bindungsdauer nicht länger als 3 Jahre; Fortbildung von mehr als 2 Jahren, Bindungsdauer bis 5 Jahre.

Sollte die Bindungsdauer zu kurz bemessen sein, ist die Klausel in der Regel unwirksam, mit der Folge, dass eine Rückforderung nicht erfolgen kann.

Darüber hinaus muss eine Rückzahlungsabrede danach differenzieren, in wessen Verantwortungs- und Risikobereich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällt. So ist z.B. eine Klausel, die eine Rückzahlung auch im Fall einer berechtigten Eigenkündigung des Arbeitnehmers, im Fall einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers oder in sonstigen Fällen einer arbeitgeberseitige Kündigung ohne vertragswidrigen Verhalten des Arbeitnehmers vorsieht, unwirksam, obwohl der, dem konkreten Fall zugrundeliegende Beendigungsgrund tatsächlich nicht einen der vorgenannten Fälle betrifft. Ausreichend ist bereits, dass diese Fälle theoretisch mit erfasst wären.

Zuletzt hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 06.08.2013 9 AZR 442/12 geurteilt, dass eine Rückzahlungsklausel unwirksam ist, sofern sich aus der Rückzahlungsvereinbarung nicht eindeutig ergibt, welche Kosten im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung tatsächlich zurückzuzahlen sind. Der Arbeitnehmer soll aufgrund der Vereinbarung sein Risiko einschätzen können.

Nachdem die höchstrichterliche Rechtsprechung an Rückzahlungsklauseln hohe Anforderungen stellt, kann Arbeitgebern nur geraten werden, sich vor Abschluss einer derartigen Klausel anwaltlich beraten zu lassen. Sollte ein Arbeitnehmer die vorzeitige Beendigung eines Arbeitsverhältnisses begehren und die Rückzahlung von geleisteten Ausbildungskosten im Raum stehen, sollte unbedingt eine anwaltliche Beratung vorgenommen werden, da in einer Vielzahl der Fälle die abgeschlossenen Rückforderungsklauseln unwirksam sein dürfte.