Ehegatte ist nur bei Leistungsfähigkeit unterhaltspflichtig
Angesichts der demografischen Entwicklung nehmen die Fälle notwendiger Heimunterbringung zu. Wenn ein Ehegatte stationär pflegebedürftig wird, entsteht ihm ein besonderer persönlicher Bedarf, der vor allem durch die anfallenden Heim- und Pflegekosten bestimmt wird. Es stellt sich die Frage, inwieweit der andere Ehegatte für diese Kosten im Rahmen des Familienunterhalts herangezogen werden kann.
Eine Besonderheit des Familienunterhalts ist nach bisheriger Rechtsprechung, dass kein Ehegatte sich gegenüber dem anderen Ehegatten auf einen angemessenen oder notwendigen Selbstbehalt berufen kann. Die Ehegatten müssen alle verfügbaren Mittel miteinander teilen, da allein dies der ehelichen Lebensgemeinschaft entspricht, sodass es auf die Leistungsfähigkeit, wie beim Trennungsunterhalt, nicht ankommt.
Da die Pflegekosten oftmals das gesamte Familieneinkommen übersteigen und bei unbeschränkter Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten diesem und der übrigen Familie die benötigten Mittel zum eigenen Lebensbedarf entzogen würden, hat der BGH nun in seiner neueren Entscheidung vom 27.04.2016 - XII ZB 485/14 -, in der es um die Geltendmachung des nicht von Sozialhilfeleistungen abgedeckten Eigenanteils durch die Betreuerin der Ehefrau geht, klargestellt, dass sich bei einer Heimunterbringung der Familienunterhaltsanspruch ausnahmsweise auf Zahlung einer Geldrente richtet. Zudem setzt ein solcher Unterhaltsanspruch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners voraus.
Dem Unterhaltspflichtigen sei daher auch beim Familienunterhalt ein angemessener eigener Unterhalt als Selbstbehalt zu belassen, um eine übermäßige Belastung mit den Pflegekosten zu vermeiden, da der Unterhaltspflichtige nicht selten weiterhin Fürsorge etwa in Form von Besuchen, Organisation der Pflege und sonstige immaterielle Unterstützung leisten werde, BGH aaO.
Der Eigenbedarf, der dem Unterhaltsschuldner mindestens zu belassen ist, kann nach BGH in derartigen Fällen in zulässiger Weise nach dem in der Düsseldorfer Tabelle und den Leitlinien der Oberlandesgerichte ausgewiesenen Ehegattenselbstbehalt bemessen werden. Nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland beispielsweise liegt dieser aktuell bei 1.200,00 €.
Ob dem Ehegatten darüber hinaus gegenüber dem konkreten Bedarf des Unterhaltsberechtigten generell die Hälfte seines Einkommens als Selbstbehalt zu belassen ist, lässt der BGH offen, bezeichnet dies aber als naheliegend.
Der BGH will mit der Zubilligung des Ehegattenselbstbehalts beim Familienunterhalt erreichen, dass nicht der Ehegatte besser gestellt ist, der sich zur Trennung von seinem pflegebedürftigen Ehegatten entschließt, bzw. wird der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht gezwungen, zur Sicherung seiner eigenen Existenz die Trennung herbeizuführen, die beide Seiten im meist späten Lebensalter belasten würde.