Gemäß § 649 Abs. 1 BGB / § 8 1. (1) VOB/B kann der Auftraggeber bis zur Vollendung der Leistung den abgeschlossenen Bau- bzw. Werkvertrag jederzeit kündigen. Die Konsequenzen dieses Kündigungsrechts werden im nachfolgenden aufgezeigt. Interessant ist hierbei, dass auch bei anderen Werkverträgen außer Bauverträgen nach der neuesten Rechtsprechung des BGH hier ein Weg zur Verfügung gestellt wird, sich ggf. von längerfristigen Verträgen zu trennen, beispielsweise bei sogenannten Internet-System-Verträgen.
Im Gegensatz zu anderen Vertragsarten sieht das Werkvertragsrecht - worunter nicht nur Bauverträge fallen - grundsätzlich vor, dass zu jedem Zeitpunkt der Vertrag vom Besteller
- nicht vom Auftragnehmer - gekündigt werden kann. Hört sich dies für den Auftraggeber erst einmal erfreulich an, kann aus einer solchen Kündigung jedoch schnell ein Bumerang werden, wenn der Auftraggeber hierbei die gesetzlichen Folgen einer solchen Kündigung übersieht:
Gemäß § 649 Abs. 2 BGB darf der Unternehmer nämlich in diesem Fall die vereinbarte Vergütung abzüglich der ersparten Aufwendungen geltend machen. Dies kann in Extremfällen dazu führen, dass nahezu die gesamte Vergütung für den Unternehmer fällig wird, obwohl er keine oder so gut wie keine Leistungen durchgeführt hat. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Inhalt des Vertrages insbesondere Arbeitsleistungen sind und der Materialbedarf gering ist. Arbeitet der Unternehmer in diesem Fall mit Festangestellten, bedeutet dies, dass der Besteller gegebenenfalls nahezu den vollen Werklohn zu bezahlen hat, obwohl die Firma keine oder nur geringe Leistungen erbracht hat.
Es sollte sich deswegen der Auftraggeber sehr wohl überlegen, ob er unter diesen Umständen tatsächlich eine Auftragskündigung ausspricht.
Selbige Ausführungen gelten im übrigen auch für Teilkündigungen.
Lediglich ergänzend ist darauf aufmerksam zu machen, dass der Unternehmer nach Ausspruch einer solchen Auftraggeberkündigung einige Fallstricke zu überwinden hat, um seinen Werklohn zu erhalten. So muss er im Regelfall für eine Abnahme sorgen und nötigenfalls auch ein Aufmaß für die von ihm erbrachten Leistungen
durchführen.
Interessant ist die Kündigungsmöglichkeit des § 649 BGB durch eine neue Entscheidung des BGH vom 27.01.2011, VII ZR 133/10 auch für andere Werkverträge geworden: So hat der BGH für einen sogenannten Internet-System-Vertrag, der auch die Erstellung einer Homepage zum Inhalt hatte und insgesamt eine feste Laufzeit von 3 Jahren hatte, festgestellt, dass auch ein solcher Vertrag jederzeit nach § 649 BGB gekündigt werden kann, also diese 3-Jahres-Frist nicht eingehalten werden muß.
Da gerade in diesem Bereich immer wieder sowohl von Firmen als auch von Privatpersonen vorschnell Verträge abgeschlossen werden, besteht nunmehr die Möglichkeit, sich ggf. von solchen Verträgen schneller als gedacht zu lösen. Allerdings ist auch hier selbstverständlich die Problematik gegeben, dass der Unternehmer seinen Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen geltend machen kann. Auch hier sollte deswegen durch anwaltschaftliche Beratung abgeklärt werden, ob sich diese Möglichkeit lohnt.