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Bezugnahmeklausel und Betriebsübergang

Gilt der aktuelle Tarifvertrag nach dem Betriebsübergang?

Häufig werden in Arbeitsverträgen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung für anwendbar erklärt. Dies bedeutet, dass spätere Änderungen der Tarifverträge (z. B. tarifliche Lohnerhöhungen) im laufenden Arbeitsverhältnis beachtet werden.

Des Öfteren kommt es zu einem Verkauf von Firmen und somit zu einem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB.

Bisher war streitig, inwieweit bei sogenannten dynamischen Bezugnahmeklauseln, das heißt bei Bezugnahme auf Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung, diese Klauseln auch für den Betriebserwerber gelten, sofern dieser nicht dem den Tarifvertrag schließenden Arbeitgeberverband angehört bzw. diesem nicht beitreten kann.

Die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z. B. Urteil vom 23.09.2009, Az: 4 AZR 331/08) ging bisher davon aus, dass individualvertraglich vereinbarte Bezugnahmeklauseln im Falle eines Betriebsübergangs gemäß § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB unverändert auf den Erwerber übergehen und auch im Fall einer dynamischen Klausel der Betriebserwerber an die in Bezug genommenen Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung gebunden ist.

Nach den Entscheidungen des EuGH im Jahr 2013 und 2014 (EuGH, Urteil vom 18.07.2013, Az: C-426/11 sowie 11.09.2014, Az: C-328/13) wurde die Rechtsprechung des BAG im Hinblick auf die beiden Urteile in Zweifel gezogen.

Das Bundesarbeitsgericht hat daher die Frage dem EuGH vorgelegt. Der EuGH hat mit Urteil vom 27.04.2017, Az: C-680/15 entschieden, dass die im Falle eines Betriebsübergangs angeordnete Fortgeltung der arbeitsrechtlichen Rechte und Pflichten des Veräußeres auch im Hinblick auf die dynamische Bezugnahmeklausel kein Verstoß gegen Unionsrecht darstellt, sofern das nationale Recht sowohl einvernehmliche als auch einseitige Anpassungsmöglichkeiten für den Erwerber vorsieht. Solche Anpassungsmöglichkeiten sind im deutschen Recht der Abänderungsvertrag sowie die Änderungskündigung.

Im Hinblick auf das Urteil des EuGHs ist davon auszugehen, dass Tarifverträge, welche durch eine im Arbeitsvertrag enthaltene Klausel in ihrer jeweiligen Fassung für anwendbar erklärt werden, auch nach einem Betriebsübergang nicht statisch zu den Bedingungen zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs, sondern in der jeweils gültigen Fassung anzuwenden sind. Dies kann bedeuten, dass z. B. tarifliche Lohnerhöhungen durch den Arbeitgeber nachzuvollziehen sind.

Sofern der Arbeitgeber nach Betriebsübergang die Anwendung der aktuellen Tarifverträge ablehnen, sollten sofort im Hinblick auf Ausschlussklauseln die zu wenig gezahlten Löhne geltend gemacht werden. In Fall der Weigerung müsste eine gerichtliche Geltendmachung erfolgen.

Im Zweifel sollten sich Arbeitnehmer anwaltlich beraten lassen.