Im deutschen Recht regelt § 7 Abs. 3 BurlG, dass der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden muss. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur dann statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Falle der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des Folgejahres gewährt und genommen werden.
Daher verfiel nach der bisherigen Rechtsprechung - vorbehaltlich einer abweichenden arbeitsvertraglichen/kollektivrechtlichen Regelung - der Urlaub der genommen hätte werden können und nicht genommen wurde zum Jahresende.
Lediglich für den Fall, dass der Urlaub krankheitsbedingt bis zum Ende des Jahres nicht genommen werden kann, sah die Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 07.08.2012, 9 AZR 353/10) vor, dass der Urlaub erst 15 Monate nach dem Ende des Jahres verfällt, in dem er entstanden ist.
Diese Rechtsprechung hat der EuGH durch sein Urteil vom 06.11.2018 (C-619/16 Kreuzinger/Land Berlin und C-684/16 Max-Planck-Gesellschaft/Shimizu) deutlich eingeschränkt.
Da in Art. 7 in der europäischen Richtlinie 2003/88/EG vom 04.11.2003 der Jahresurlaub geregelt ist, sind insoweit abweichende nationale Regelungen nicht zulässig. Einen Verfall von Urlaubsansprüchen enthält Art. 7 der Richtlinie nicht.
Der EuGH hat nunmehr geurteilt, dass Art. 7 der Richtlinie es nicht zulässt, dass ein Arbeitnehmer die ihm gemäß dem Unionsrecht zustehenden Urlaubstage und entsprechend seinen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den nicht genommenen Urlaub automatisch schon allein deshalb verliert, weil er vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder im Bezugszeitraum keinen Urlaub beantragt hat.
Der Urlaubsanspruch könne nur untergehen, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber z.B. durch angemessene Aufklärung tatsächlichen die Lage versetzt wurde, die fraglichen Urlaubstage rechtzeitig zu nehmen was der Arbeitgeber zu beweisen hat.
Übertragen auf das deutsche Urlaubsrecht heißt dies meines Erachtens Folgendes:
Sofern ein Arbeitnehmer seinen Urlaub nicht innerhalb des Urlaubsjahres nimmt, obwohl er ihn hätte nehmen können, verfällt dieser nicht unbedingt. Voraussetzung ist vielmehr das der Arbeitgeber ausdrücklich vor Ablauf des jeweiligen Jahres darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub genommen werden muss und, dass er ansonsten verfällt. Weiterhin muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch die ausreichende Möglichkeit einräumen Urlaub nehmen zu können.
In der Vergangenheit dürfte dies durch die Arbeitgeber in der Regel unterlassen worden sein, da aufgrund der allgemein herrschenden Rechtsprechung davon ausgegangen wurde, dass der Urlaub mit dem Ende des Urlaubsjahres verfällt.
Arbeitnehmer sollten schnell handeln, sofern sie nunmehr aufgrund der Rechtsprechung des EuGH die nicht genommene Urlaubsansprüche aus den Vorjahren geltend machen wollen, da gegebenenfalls Verjährungs- und Ausschlussfristen im Raum stehen. Dies gilt insbesondere bei bereits erfolgte Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
In jedem Fall ist dringend anzuraten, zunächst Rechtsrat bei einem auf Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt einzuholen.