Das Landgericht Nürnberg-Fürth hebt die Grenze auf 2.500,00 € netto an
Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht im das Gericht nach § 69 StGB die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.
In § 69 Abs. 2 StGB sind sogenannte Regelbeispiele aufgeführt, bei deren Vorliegen die Fahrerlaubnis zu entziehen ist und der Entzug nur ganz ausnahmsweise unterbleiben kann. Es handelt sich dabei um folgende Vergehen:
1. Die Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315 c StGB; häufigster Fall ist die Unfallverursachung unter Alkoholeinfluss.
2. Die Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB; häufigster Fall ist das Führen eines Kfz mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille oder mehr oder mit einer Blutalkoholkonzentration ab etwa 0,3 Promille aufwärts und dem Vorliegen sonstiger Tatumstände, die für Fahruntüchtigkeit sprechen, wie zum Beispiel dem sogenannten Schlangenlinienfahren.
3. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort nach § 142 StGB, obwohl der Täter weiß oder wissen muss, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt wurde oder an fremden Sachen „bedeutender Schaden“ entstand.
4. Der Vollrausch nach § 323 a StGB, der sich auf eine der vorgenannten Taten bezieht.
Der bedeutende Schaden
Lange Zeit ging die Rechtsprechung davon aus, dass der „bedeutende Schaden“ bei etwa 1.300,00 € bis 1.500,00 € liegt. Dieser Schaden liegt heute schon fast bei jedem Einparkschaden vor.
Das Landgericht Landshut und insbesonders das fast benachbarte Landgericht Nürnberg-Fürth haben seit 2018 die Rechtsprechung zum Begriff des bedeutenden Fremdschadens geändert (vgl. u. a. Beschluss vom 12.11.2018 - 5 Qs 73/18) und sehen die Grenze jetzt bei 2.500,00 € netto. Eine Überlegung war die Änderung von § 44 Abs. 1 StGB und damit die seit dem 24.08.2017 geschaffene Möglichkeit der Verhängung von Fahrverboten von bis zu sechs Monaten anstelle von drei Monaten. Dann verweist das Landgericht auf die in § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB angeordnete Gleichsetzung des bedeutenden Fremdschadens mit der Tötung bzw. nicht unerheblichen Verletzung eines Menschen.
Schließlich geht das Landgericht auf die wirtschaftliche Entwicklung in den letzten zehn Jahren ein. Die Kammer hat dabei die Entwicklung der Kosten für die Beseitigung der Folgen von Verkehrsunfällen berücksichtigt und sich an einer groben Schätzung der wirtschaftlichen Entwicklung orientiert. Die Verbraucherpreise für die Wartung und Reparatur von Fahrzeugen sind allein in den Jahren von 2010 bis 2016 um 11,6 Prozent angestiegen. Auch im Bereich der Bergungs- und Abschleppkosten ist es zu deutlichen Preissteigerungen gekommen. So sind beispielsweise die Preise für ein Standard-Bergungsfahrzeug zum Abtransport von liegengebliebenen Pkws zwischen den Jahren 2006 und 2016 um 35 Prozent angestiegen. Eine großzügige Anpassung der Wertgrenze war im Interesse der Rechtssicherheit geboten, um eine wiederholte Anpassung um kleinere Beträge in kürzeren Zeitabständen möglichst zu vermeiden.
Ein wichtiger Gesichtspunkt ist auch, dass die Vorstellung des Schädigers vom Schadensumfang entscheidend ist. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn es sich - zumindest auf den ersten Blick - nur um oberflächliche Schäden gehandelt hat.
Für die Betroffenen ist wichtig, dass sich die Rechtsprechung zur Anhebung der Schadensgrenze auch verbreitet: Nur so kann der Betroffene auch bei einem Schaden bis 2.500,00 € netto noch mit einem Fahrverbot bis zu sechs Monaten statt einem längeren und deutlich unangenehmeren Entzug der Fahrerlaubnis davonkommen.