Lochmüller & Kollegen PartGmbB
Beck | Haberl | Spitzner

Lochmüller & Kollegen PartGmbB
Beck | Haberl | Spitzner

Verjährung von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen - (Urteil BAG vom 20.12.2022, AZ: 9 AZR 266/20, und Urteil vom 31.01.2023, AZ: 9 AZR 456/20) – UPDATE

Das deutsche Urlaubsrecht wird seit Längerem schon durch die EuGH-Rechtsprechung und die entsprechenden Regelungen im EU-Recht (Artikel 7 der Richtlinie 2003/88/EG und Artikel 31 Abs. 2 der Grundrechte – Charta) geprägt.

In seinem wegweisenden Urteil vom 06.11.2018 hat der EuGH entschieden, dass der Arbeitgeber Mitwirkungspflichten bei der Gewährung des Urlaubs hat.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer rechtzeitig während des Kalenderjahres mitzuteilen, dass noch Urlaubsansprüche offen sind und diese nach Ablauf des Kalenderjahres verfallen, sofern der Urlaub nicht genommen wird. Kommt der Arbeitgeber dieser Mitwirkungspflicht nicht nach, ist der Verfall der Urlaubsansprüche gemäß § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz hinfällig.

In der Folge fragt sich, ob bei mangelnder Anzeige die Ansprüche unbefristet fortbestehen oder die ansonsten für Ansprüche einschlägige Verjährung anzuwenden ist.

Das BAG hat in seinem Urteil vom 20.12.2022, AZ: 9 AZR 266/20, entschieden, dass grundsätzlich die Urlaubsansprüche auch der gesetzlichen dreijährigen Verjährungsfrist des §§ 195 BGB unterliegen. In unionsrechtskonformer Auslegung hat das BAG allerdings geurteilt, dass der Beginn der Verjährung frühestens am Ende des Kalenderjahres beginnt, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und den Verfall belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Sollten dem Arbeitnehmer im bestehenden Arbeitsverhältnis der jeweilige Jahresurlaub nicht vollständig gewährt worden sein und wurde die Mitwirkung durch den Arbeitgeber (Hinweispflicht) unterlassen, kann der Arbeitnehmer in den meisten Fällen den gesetzlichen Urlaub noch geltend machen.

Sofern das Arbeitsverhältnis beendet wurde, entsteht bei offenen Urlaubsansprüchen ein Urlaubsabgeltungsanspruch, auf den die üblichen Ausschluss- und Verjährungsfristen zur Anwendung kommen.

Auch hier hat das BAG in der Entscheidung vom 31.01.2023, AZ: 9 AZR 456/20, mit Blick auf eine unionsrechtskonforme Auslegung geurteilt, dass die Verjährung und der Verfall von Urlaubsansprüchen erst mit der Verkündung der Entscheidung des EuGH vom 06.11.2018 beginnen.

Sollte daher das Arbeitsverhältnis geendet haben, ist zügig und zeitnah zu prüfen, wie es sich mit etwaigen Urlaubsansprüchen verhält, da hier aufgrund der anlaufenden Ausschluss- und Verjährungsfristen ein zeitnaher Verfall der Ansprüche droht.

Generell empfiehlt es sich einen arbeitsrechtlich versierten Anwalt zuzuziehen und gegebenenfalls zur Unterbrechung oder Wahrung der Ausschlussfristen eine arbeitsgerichtliche Geltendmachung vorzunehmen.