Lochmüller & Kollegen
Beck | Haberl | Spitzner

Lochmüller & Kollegen
Beck | Haberl | Spitzner

Verschuldensunabhängiger Anspruch auf Ersatz der Aus- und Einbaukosten mangelhafter Baustoffe

Die Problematik kann an folgendem Beispiel erläutert werden:

Eine Privatperson, die nicht gewerblich handelt, kauft in einem Baumarkt Parkettstäbe und verlegt diese selbst. Nach der Verlegung stellt sich heraus, dass die Parkettstäbe mangelhaft sind und deswegen neu verlegt werden müssen. Den Baumarkt, der ja den Parkett nicht selbst herstellt, trifft kein Verschulden. Es fragt sich, ob der Verkäufer nun nicht nur die Lieferung mangelfreier Parkettstäbe schuldet sondern auch - wobei hier die Kosten sogar bei weitem höher sein können als der Preis für das neue Parkett - die Kosten des Ausbaus und die Kosten der Neuverlegung bezahlen muß.

Der Bundesgerichtshof, der die Frage an den EUGH vorlegte, hat die Auffassung vertreten, dass weder Aus- noch Einbaukosten vom Verkäufer zu bezahlen sind, wenn diesen selbst kein Verschulden trifft.

Dem hat der EUGH widersprochen und ausgeführt, dass bei Verbrauchern die europäischen Vorschriften eine Auslegung dahingehend veranlassen, dass vom Verkäufer auch dann, wenn diesen kein Verschulden trifft, sowohl sämtliche Ausbaukosten als auch die Neueinbaukosten bezahlt werden müssen.

Ob diese Grundsätze auch gelten, wenn nicht ein Verbraucher den Parkett erwirbt, sondern ein Unternehmer, ist nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen, insoweit muss sich noch eine herrschende Meinung herausbilden, wobei die Tendenz wohl dahin geht, dass diese Rechtsprechung auch bei Unternehmen gelten soll.

Die Rechtsprechung des EUGH betrifft das Kaufrecht. Es wird sich die Frage stellen, ob diese Rechtsprechung des EUGH auch auf das Werkvertragsrecht zu übertragen ist: Beispiel: Ein Unternehmer verpflichtet sich, bei einem Bauherrn Parkett einzubauen und erwirbt diesen Parkett beim Baustoffhändler und baut ihn ein. Für den Unternehmer nicht erkennbar ist der Parkett fehlerhaft.

Bevor der BGH obiges Verfahren an den EUGH vorgelegt hat, war überwiegende Meinung, dass ein Werkunternehmer die Kosten des Aus- und Neueinbaus zu tragen hat. Allerdings meinen einige Stimmen in der Literatur, der Vorlage des BGH entnehmen zu können, dass hier gegebenenfalls eine Meinungsänderung eintreten könnte.

Aufgrund der Entscheidung des EUGH dürfte dies jedoch wohl nicht erwartet werden, zumal es auch nicht nachvollziehbar wäre, hier differenziert zu entscheiden, obwohl die maßgeblichen Begriffe in den Vorschriften des Werkvertrag- und Kaufrechts identisch sind. Es ist deswegen zu erwarten, dass insoweit auch bei Werkverträgen der Unternehmer für die Aus- und Neueinbaukosten haftet.

Anzumerken ist, dass der Verkäufer, der die Ein- und Ausbaukosten zu erstatten hat, gemäß § 478 Abs. 2 BGB bei seinem Lieferanten Rückgriff nehmen kann. Dies dürfte auch für den Werkunternehmer gelten, der ja das Material regelmäßig nach kaufrechtlichen Vorschriften erwirbt und man der Ansicht folgt, dass auch zwischen Unternehmern die Erstattungspflicht für diese Kosten ebenso eintritt. Insoweit ist in solchen Fällen anwaltschaftlicher Beratungsbedarf gegeben.